Die Satzung —
Machtinstrument der Genossenschaft
Das Genossenschaftsgesetz verpflichtet jede Genossenschaft eine Satzung in schriftlicher Form zu erstellen und legt einen geringfügigen Mindestinhalt fest (§5 ff.). Fü§r Mitglieder ist die Satzung jedoch ein nicht alltägliches, mitunter schwer zugängliches, schwer verdauliches und dazu noch schwer verständliches Thema. Wer hat schon außer Juristen täglich mit Paragrafen zu tun? Die Satzung wird deshalb dankbar anderen überlassen. Das ist jedoch ein Fehler, denn dadurch bleiben die Interessen der Mitglieder nicht selten auf der Strecke. Dabei bietet gerade die Satzung Gestaltungsraum, exakt zu bestimmen und festzulegen, wie es unter dem Dach der Genossenschaft aussieht. Und allein die Satzung bietet derzeit die Möglichkeit Mitgliederrechte und Interessen zu stärken, als auch die Vorstände einzuschränken. Dieses Potenzial wird jedoch aus Unwissenheit verkannt und bleibt deshalb meist ungenutzt.
Der GdW - Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. veröffentlicht Mustersatzungen und Mustergeschäftsordnungen für Wohnungsgenossenschaften. Viele Wohnungsbaugenossenschaften haben sich diese Mustersatzung zum Vorbild genommen und in geringen Anteilen angepasst. Die derzeitige Mustersatzung enthält u.a. Paragrafen, die die Immobilienwirtschaft in Wohnungsbaugenossenschaften vorantreibt und ein reibungsloses Arbeiten der Vorstände gewährleistet. In der Vergangenheit war Immobilienwirtschaft jedoch nie ein Thema in Wohnungsbaugenossenschaften, sondern die Geschäftsführung der Genossenschaft bestand darin, den Genossenschaftsbestand zu verwalten und zu pflegen. Außerdem ist fraglich und zu prüfen, inwieweit die Mustersatzung vom GdW die genossenschaftliche Demokratie und Transparenz, die Prinzipien in Genossenschaften, sowie die Interessen der Mitglieder umsetzt und vertritt.
Was können Sie tun?
- Lesen Sie kritisch die Satzung Ihrer Genossenschaft und diskutieren Sie mit anderen Mitgliedern darüber
- Fragen Sie den Vorstand, ob bei Ihrer Satzung eine Orientierung an der Mustersatzung des GdW stattgefunden hat.
- überprüfen Sie, ob die Satzung dem Vorstand die Veräußerung (Verkauf) des Genossenschaftsbestands erlaubt. Wenn ja, diskutieren Sie mit anderen Mitgliedern, ob ein derart machtvolles Instrument, mit u.U. sehr schmerzhaften und nicht mehr rückgängig zu machenden Folgen für die Genossenschaft, nicht ausschließlich der Generalversammlung bzw. der Vertreterversammlung und damit den Mitgliedern vorbehalten sein sollte.
- Beachten Sie, dass eine Satzung mit den erforderlichen Mehrheitsverhältnissen jederzeit über die Generalversammlung/Vertreterversammlung wieder geändert werden kann. Die Paragrafen Ihrer Satzung sind folglich nicht in Stein gemeißelt!
- Kandidieren Sie für die Satzungskommission
- Unterstützen und stärken Sie Kandidaten, die die genossenschaftliche Demokratie voranbringen.
- Holen Sie sich fachkompetente Informationen und Rat bei neutralen Personen und Institutionen, denn hier geht es unter Umständen darum, Machtstrukturen aufzulösen.
- Schließen Sie sich bei Ihren Unternehmungen mit anderen Mitgliedern zusammen und gehen Sie keine Wege im Alleingang.
- Verfügen Sie über eine demokratische und mitgliederorientierte Satzung? Dann sorgen Sie dafür, dass diese Satzung der Öffentlichkeit zur Verfügung steht und darüber frei verfügt werden kann, damit auch andere davon profitieren. Noch besser, aber nicht unbedingt notwendig, wenn diese Satzung sich bereits in der Praxis bewiesen und bewährt hat.